Beim Zivilstandsamt nachgefragt: «Welches Kleid trägt Frau auf dem Zivilstandsamt?» Eine Antwort auf diese und weitere FAQs

Von Veröffentlicht am: 23. Februar 2023Last Updated: 23. Februar 2023Kategorien: HochzeitenViews: 2842

Als Hochzeitsfotograf lernt man über die Jahre die Zivilstandsbeamt:innen der Region ganz gut kennen. Man ist per Du und freut sich stets über gemeinsame Trauungen. Eine Zivilstandsbeamtin kennen wir aber etwas besser als andere: Stephanie Meyer, Leiterin des Zivilstandsamt Lenzburg. Weil wir stets auf der Suche nach Antworten auf eure Fragen sind, haben wir uns gedacht, Stephanie doch mal zu einem Interview zu bitten. Welche Fragen brennen Brautpaaren denn am meisten unter den Nägeln? Und wie beantwortet sie die auf Google meist gestellte Frage nach dem «richtigen Kleid» für die Trauung auf dem Zivilstandsamt?

Eins schon mal vorweg: Die Antworten sind weniger eindeutig oder spektakulär als vielleicht gedacht. Warum das eine gute Sache ist und was nebst dem Verheiraten von Trauungswilligen noch alles zum Beruf der Zivilstandsbeamt:in gehört, dazu jetzt mehr.

Kleid Zivilstandsamt

Wir treffen Stephanie Meyer an einem Dienstagnachmittag im Januar 2023 im historischen Rixheimerzimmer im Rathaus Lenzburg. Welch passende Kulisse für unser Gespräch, denn in diesem Raum werden jährlich weit über hundert Brautpaare zivilrechtlich getraut.

Wir kennen Stephanie Meyer seit 2015, als sie uns im Müllerhaus in Lenzburg selbst verheiratet hat. Mittlerweile hat Cornelius Stephanie aber auch als Hochzeitsfotograf unzählige Male erlebt und die beiden freuen sich stets über ein Wiedersehen.

Das Lenzburger Zivilstandsamt ist anders. Bereits in einem früheren Blogpost «Zivilstandsamt Lenzburg: Alle Trauungslokale im Überblick» haben wir das Regionale Zivilstandsamt Lenzburg als eines der beliebtesten Zivilstandsämter der Schweiz bezeichnet. Das Gespräch mit Stephanie hat diese Aussage erneut bestätigt.

Hier eine Übersicht aller Fragen, falls jemand per Mausklick abkürzen möchte:

Warum ist das Zivilstandsamt Lenzburg bei Brautpaaren so beliebt?

Unser Zivilstandsamt ist trauungslastig. Pärchen sollen sich bei uns wohl und aufgehoben fühlen. Wir legen zum Beispiel besonderen Wert darauf, dass Ehevorbereitungsgespräch und die spätere Trauung von derselben Zivilstandsbeamtin durchführt werden. Dies ist in der Organisation zwar umständlicher, führt aber dazu, dass wir eine Beziehung zum Brautpaar aufbauen und persönliche Themen und Wünsche viel besser integrieren können. Wir möchten, dass bei uns das Persönliche Platz findet, obwohl es sich im Grunde ja um einen Behördengang handelt.

Hinzu kommen unsere historischen Trauungslokale. Drei Schlösser, zwei historische Bürgerhäuser und unser Rathaus mit mehreren historischen Räumen sind die perfekten Lokale für zivile Trauungen. Es ist wunderschön, dass so viele Brautpaare unsere einmaligen Lokalitäten als Kulisse für ihre Trauungen nutzen dürfen.

Was macht euch denn als Zivilstandsbeamtinnen in Lenzburg besonders?

Wer bei uns arbeiten möchte, der muss Trauungen einfach mögen. Alle von uns sind mit Herz voll und ganz dabei. Uns ist es ein grosses Anliegen, jedem Brautpaar auf ein Neues einen grossartigen Moment zu bescheren. Egal, ob bei superkurzer Trauung oder so persönlich wie möglich - wir möchten jedem Brautpaar gerecht werden. Das Zivilstandsamt Lenzburg führte im Jahr 2022 380 Trauungen durch, verteilt auf sieben Zivilstandsbeamtinnen.

Deine Augen sprühen vor Begeisterung, wenn du von deiner Arbeit erzählst. Wie viele Trauungen hast du persönlich denn schon durchgeführt? Wie motivierst du dich stets aufs Neue, jedem Brautpaar das Gefühl zu geben im Zentrum des Universums zu stehen?

Ich persönlich führe etwa 70 Trauungen pro Jahr durch. Bevor ich 2015 Leiterin des Zivilstandsamts wurde, waren es knapp 100 und ich bin seit 13 Jahren im Beruf. (Anm.: Ich rechne für Stephanie nach und komme auf über 1000 Trauungen. Stephanie ist kurz etwas überwältigt und lacht.) Ich wusste schon in der Lehre auf der Gemeinde, dass ich später mal Zivilstandsbeamtin werden würde. Der Beruf ist so abwechslungsreich und es gibt nichts Schöneres, als die Energie und Freude zu spüren, die man in der Rolle als Zivilstandsbeamtin während einer Trauung auslösen kann. Es ist jedes Mal etwas Neues und ich bin noch lange nicht müde! Mehr brauche ich nicht als Ansporn.

Kommen wir zu den am häufigsten gestellten Fragen. Meine Keyword-Recherche hat ergeben, dass sich die Frauen fragen, welches Kleid sie für die Trauung auf dem Zivilstandsamt tragen sollen. Hast du mit dieser Frage gerechnet?

Nicht unbedingt. Aber ich kann bestätigen, dass sich Brautpaare ganz grundsätzlich fragen, wie man denn «säb und jenes» so mache. Die meisten Brautpaare wünschen sich eine Art Anleitung für die gesellschaftlichen Standards einer zivilen Trauung. Brautpaare sind manchmal überrascht oder anfänglich gar etwas überfordert mit den Möglichkeiten und suchen nach einer Norm für Orientierung. Eine Ziviltrauung bei uns ist aber flexibler, als es die meisten erwarten und eine «Norm» gibt es nur im rechtlichen Teil der Trauung.

Als Beispiel: Wir fragen gerne, ob sich das Brautpaar wünscht, während der Trauung die Ringe zu tauschen. Das ist eine Frage, die die meisten nicht erwarten. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch. Entweder man tauscht die Ringe während der zivilen Trauung oder in der Kirche, zwei Mal oder auch überhaupt nicht. Und dieselbe Antwort gilt auch für die so häufig gegoogelte Frage nach dem Kleid der Braut: Die Braut darf tragen, was sie möchte. Natürlich sehen wir mehr weisse Bräute, wenn die zivile Trauung die einzige Trauung ist, die das Brautpaar erlebt. Aber ich hatte auch schon einen Bräutigam in Jogginghose. Klar ist das unkonventionell, aber uns spielt das Outfit keine Rolle.

Einen Tipp betreffend Kleid oder Anzug habe ich für alle Brautleute: Wählt Kleider, in denen ihr euch wohlfühlt. Ich erlebe Bräute, bei denen ich auf den ersten Blick schon sehe und spüre, wie unwohl sie sich fühlen. Sie zupfen dann kontinuierlich am Kleid rum oder müssen die Trauung im Stehen absolvieren, weil das Kleid kein Sitzen erlaubt.

Meine persönliche Meinung ist, dass sich da manch eine(r) etwas zu sehr unter Druck fühlt, den sogenannten «schönsten Tag im Leben» zu organisieren. Aus meiner Erfahrung ist weniger manchmal mehr. Es muss nicht der schönste Tag im Leben sein, sondern ein grossartiger Tag unter vielen weiteren grossartigen Tagen.

Was ist eigentlich das Schönste an eurem Beruf?

Mein Beruf bringt mir so viel Freude und ist enorm bereichernd. Manchmal hat man zwar keine Ahnung, ob das, was man da eben gemacht hat, auch gefallen hat, aber dann gibt es diese Samstage, an welchen man fünf Trauungen durchgeführt hat und danach regelrecht von Glücksgefühlen und Befriedigung überflutet ist.

Beispielhaft dafür sind Eheschliessungen mit Sprachbarrieren. Es gibt Trauungen, da weiss ich, dass die Grosseltern kein Wort davon verstanden haben, was ich gesagt habe. Aber sie kommen im Anschluss an die Zeremonie extra zu mir, um mir für die emotionale Trauung zu danken. Die Menschen spüren, dass wir uns voll und ganz unseren Brautpaaren widmen. Sie fühlen die Energie, die im Raum entsteht. Solche Momente sind wirklich erfüllend.

Lass uns zum Schluss noch kurz ausholen. Viele wissen nämlich gar nicht, dass Zivilstandsbeamt:innen nicht nur für Trauungen da sind. Magst du kurz ausführen, was alles zu eurem Aufgabenbereich gehört?

Wir begleiten die Menschen unserer Gemeinden von der Geburt bis zum Tod. Wir sind unter anderem zuständig für das Personenstandsregister, Vorregistrierungen von Einbürgerungen, Kindsanerkennungen, Ausland-Zivilstandsfälle, Anpassungen des Geschlechts und eben auch Todesfälle.

Etwa 40 bis 45 % unserer Arbeit widmen wir den Trauungen.

Hier lang zum Regionalen Zivilstandsamt Lenzburg

PS: Die Begriffe «Standesamt» und «Standesbeamt:in» kommen aus Deutschland. In der Schweiz spricht man vom «Zivilstandsamt» und den «Zivilstandsbeamt:innen». Jap, auch ich war mir dessen nicht bewusst. Zum Glück lernt man nie aus!

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